KI im Marketing: Transformation ist keine Hero-Story, sondern Überlebensstrategie
KI als Co-Pilot, datenbasierte Entscheidungen und Content on Demand: Für CMOs geht es längst nicht mehr nur um die Auswahl von Tools oder die Verteilung von Budgets, sondern um strategische Weichenstellungen mit langfristiger Wirkung.
Wo werden Unternehmen künftig KI-Agenten einsetzen – technologisch, organisatorisch oder kreativ? Wie lässt sich Transparenz in der Kundenbeziehung sichern? Und in welchen Bereichen braucht es Mut zur Transformation, wo eher Augenmaß? Antworten darauf geben führende Köpfe aus der Branche, die ihre Perspektiven und Erfahrungen teilen.
Vom Tool zum Transformationstreiber
Meine Prediction: Die agentische KI startet durch. Sobald die KI ihre Insel der begrenzten Möglichkeiten verlässt und mehr beiträgt als Texte, Bilder, Videos, beginnt grundlegende Veränderung – entlang der gesamten Customer Journey. Dann sehen wir spezialisierte Anwendungen: virtuelle Assistenten, die genau deinen Style shoppen, After-Sales-Bots mit endloser Detailtiefe und Geduld, die mit jedem auf Augenhöhe sind, autonome Kampagnenmanager, die Budgets/Zielgruppen in Echtzeit optimieren – alles geht.
Als Agentur wollen wir souverän und fair auf dem Weg durch die KI-Revolution begleiten: Trend-Reporting, Rechtslage, wo lohnen sich eigene Modelle, GPTs oder individuelle Bildgeneratoren, wo nicht. Und ganz wichtig: immer transparent gegenüber unseren Kunden. Die größte Herausforderung ist der wirklich kreative Einsatz – KI-Tools so zu briefen, zu verknüpfen und zu orchestrieren, dass sie echte Mehrwerte schaffen. Mut ist gefragt, wenn neue Workflows die Arbeit messbar verbessern. Und Augenmaß, wenn vieles als „hm, ganz nice“ schnell wieder verpufft.
Raoul Ernesto Baumgärtner, Executive Creative Director bei Panama
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KI Transformation ist kein kurzfristiger Hype
KI, Automatisierungen und Agentic AI sind kein kurzfristiger Hype, sondern Teil einer globalen gesellschaftlichen Evolution. Die Frage ist nicht mehr, ob wir sie einsetzen, sondern wie und in welchem Tempo. Bei Rock&Stars nutzen wir KI-Agenten, um Routinen zu erledigen und unsere menschliche Intelligenz dort einzusetzen, wo sie den größten Unterschied macht: strategisch, kreativ und mit maximalem Impact für unsere Kunden.
Transparenz ist dabei selbstverständlich. Unsere Kunden erwarten KI-Einsatz und machen kein Geheimnis daraus. Gleichzeitig befinden wir uns mitten in eine branchenweite Transformation, in der viele Fragen noch offen sind. Deshalb setzen wir auf internes Testing, teilen Learnings und gestalten so gemeinsam mit unseren Kunden den Weg in die neue AI-Ära. KI ist keine Frage des OB, sondern wie. Wer das nicht ernst nimmt, verliert nicht nur den Anschluss, sondern vor allem Relevanz.
Stefanie Polster, Gründerin und Geschäftsführerin bei Rock&Stars
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KI verändert alles – doch ohne Klarheit und Mut geht es nicht
Ein Teil der Faszination rund um künstliche Intelligenz ist sicher, dass es kaum einen Bereich gibt, in dem sich nicht täglich interessante Einsatzgebiete auftun. Im Marketing betrifft das alle Ebenen, überall kann KI helfen Prozesse zu verbessern und schnellere Ergebnisse zu generieren. Das betrifft Strategie und Kreation genauso wie Umsetzung, Projektsteuerung oder Verwaltung.
Aber: Nicht nur Maschinen müssen lernen und trainiert werden, sondern auch Menschen müssen Fähigkeiten ausbilden. Denn interessanterweise gibt es parallel zu einem „zu viel“ an menschlichen Kapazitäten auf der einen Seite auch einen eklatanten Mangel an Skills in Unternehmen. Und damit meine ich nicht nur die unmittelbaren Fähigkeiten, die nötig sind, um sinnvoll mit KI umzugehen. Um die neuen technologischen Möglichkeiten optimal nutzen zu können, müssen wir uns zugleich dringend der Förderung jener menschlichen Tugenden und Fähigkeiten widmen, die kaum ersetzbar sind: Das sind Klarheit, Entscheidungsfreude, visionäres Denken und der Mut, eine auch mal unpopuläre Richtung einzuschlagen. Diese Skills sind unverzichtbar. Denn gerade wenn es effizienter und schneller vorangehen soll, braucht es Entscheider:innen, die die Richtung kennen und mutig gestalten.
Irmgard Hesse, Geschäftsführende Gesellschafterin bei Zeichen & Wunder
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Wir können ohne KI arbeiten, KI jedoch nicht ohne uns
KI ist bei uns fester Bestandteil vieler Prozesse – aber der Fokus liegt klar im Kreativen. Als Creative Director sehe ich sie als wertvolle Assistenten, den man wie einen Mitarbeiter präzise briefen muss. Sie übersetzt Ideen blitzschnell in Visualisierungen und liefert Vorlagen, die als Inspiration und Basis für die eigentliche Konzeptarbeit dienen.
So können wir Kunden sehr früh klare Einblicke geben und gemeinsam Entscheidungen beschleunigen. Dabei gehen wir bewusst transparent mit KI um: Oft enthüllen wir am Ende eines Termins, dass die Entwürfe mithilfe von KI entstanden sind – das sorgt für Überraschung, Offenheit und eine fundierte Diskussion. Wir sind mutig, wenn es um neue Technologien geht, bleiben aber unseren Wurzeln treu: KI hat keine Seele, sie ist Werkzeug, kein Ersatz. Denn eines bleibt klar – wir können ohne KI arbeiten, KI jedoch nicht ohne uns.
Samuel Stefani, Creative Director bei Derse Germany GmbH
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Mit verantwortungsvoller KI die Customer Experience vorantreiben
KI entwickelt sich von allgemeinen Werkzeugen zu spezialisierten Agenten, die gezielt Geschäftsprozesse steuern, um konkrete Ziele zu erreichen. Wir unterstützen Marken dabei, KI-Agenten einzusetzen, die die Erstellung, das Testen und das Optimieren von Kundenerlebnissen über Apps, Websites und alle Kanäle hinweg automatisieren. Während die Agenten datenintensive und zeitaufwendige Aufgaben wie Experimentieren übernehmen, gewinnen CMOs und ihre Teams Freiraum, um sich auf Strategie, Kreativität und neue Projekte zu konzentrieren.
Enge Kundenbeziehungen und sich stetig wandelnde KI-Regulierungen erfordern, dass Markensicherheit immer im Mittelpunkt steht – und dass menschliche Kontrolle unverzichtbar bleibt. KI-Agenten verstehen wir dabei als Partner, nicht als Ersatz. Deshalb setzt Airship auf einen „Human-in-the-Loop“-Ansatz: Marken- und Produkt-Teams behalten jederzeit volle Kontrolle und Transparenz, während die Agenten lernen, sich anpassen und so einen verantwortungsvollen Weg zu mehr Effizienz eröffnen.
Laura Schwarz, Senior Director of Sales EMEA bei Airship
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Mut zur Transformation: KI als Treiber im Marketing-Tech-Ökosystem
Entscheidend ist nicht KI als Einzeltechnologie, sondern ihre Rolle im MarTech-Ökosystem: Daten, Touchpoints und Content zu verbinden, eröffnet neue Formen des Marketings. Wir erleben einen Wendepunkt: Marketing wandelt sich von der reinen Kanal-Auswahl mit hinterlegten Botschaften hin zur integrierten Steuerung von Kundenerlebnissen.
Bedeutet: KI kommt dort zum Einsatz, wo sie echten Mehrwert schafft – bei datenbasierten Entscheidungen, in der on demand Content-Erstellung oder in der Gestaltung personalisierter Customer Journeys. Sie hilft, Komplexität zu reduzieren, während Marken gleichzeitig kreativer und relevanter werden.
Mut zur Transformation bedeutet, gewohnte Strukturen zu hinterfragen, Silos aufzubrechen und Technologie mit Kreativität konsequent zu verbinden. Wir legen transparent offen, wo und wie KI eingesetzt wird, damit Vertrauen gestärkt und Innovationskraft gefördert werden kann.
KI wird nicht als Selbstzweck genutzt, sondern als Katalysator für ein neues Marketingverständnis – eines, das Technologie, Organisation und Kreativität verbindet und Unternehmen nachhaltig zukunftsfähig macht.
Holger Reuss, Director CX & Intelligence bei WongDoody
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KI trifft auf Schriftgestaltung: Präzision, Tempo und menschliche Kreativität
KI verändert schon heute, wie wir Schriften entwerfen, auswählen und bereitstellen. Noch nie zuvor hatten wir Zugang zu so vielen Möglichkeiten. Mit unseren durch KI-Agenten unterstützten Such- und Recherche-Tools können Designer:innen und Marketer nun schnell durch riesige globale Bibliotheken navigieren und die perfekte Schrift mit Präzision finden.
Zudem erforschen wir, wie wir KI als Designpartner einsetzen können – indem wir ihre Geschwindigkeit mit menschlicher Authentizität und strategischem Denken verbinden. KI-basierte Gestaltung beschleunigt die Erstellung von Varianten und automatisiert die arbeitsintensiven (und weniger kreativen) Aspekte der Schriftgestaltung. Dadurch erweitern sich unsere Möglichkeiten, Schriften für unterschiedlichste Schriftsysteme weltweit zu entwickeln.
Mut heißt, neue Möglichkeiten aktiv zu nutzen und Markenkommunikation neu zu denken. Vorsicht heißt, darauf zu achten, dass Algorithmen niemals menschliches Urteilsvermögen ersetzen. Ob unsere Arbeit von uns oder anderen in der Branche geleistet wird: Der Mensch bleibt im Zentrum der typografischen Ideenfindung – mit Transparenz in jedem Schritt.“
Evan Kent, SVP Marketing bei Monotype
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Fazit für CMOs: KI als Pflichtprogramm mit Augenmaß gestalten
Für Marketingverantwortliche ist KI längst kein Experimentierfeld mehr, sondern ein strategisches Pflichtprogramm. Entscheidend ist, sie nicht als Selbstzweck zu begreifen, sondern als Werkzeug und Katalysator, um Customer Journeys neu zu gestalten, Effizienzpotenziale zu heben und Kreativität zu verstärken. Dabei gilt es, Transparenz zu wahren, Mut und Augenmaß miteinander zu verbinden und die menschlichen Stärken gezielt einzusetzen. KI ersetzt weder Klarheit noch visionäres Denken oder den Mut zur Entscheidung, sie wirkt erst dann transformativ, wenn sie in einem klaren, von Menschen gesteuerten Rahmen operiert. Kurz gesagt: Transformation ist keine Hero-Story – wer jetzt aktiv handelt, sichert nicht nur Effizienz, sondern vor allem Relevanz im Wettbewerb.
Alle Foto-Credits liegen bei den jeweiligen Unternehmen, Ausnahme: Laura Schwarz.